West Point - Nachtrag!

Freitag, November 24, 2006
Uhrzeit: 8:37 PM

Weil die letzten Wochen enorm stressig waren hab ich den Blog vernachlässigt...daher ein paar Nachträge über die Ereignisse in letzter Zeit!
Das wahrscheinlich Spannendste war, dass ich 4 Tage in West Point, der Elite-Militärakademie der amerikanischen Army, verbringen durfte, inklusive Übernachtung in den Kasernen! Das Gelände darf an den Besuchstagen zwar jeder besichtigen, aber in die Bereiche, wo die Kadetten schlafen, essen usw. kommt sonst so gut wie nie ein Zivilist - sehr cool ;-)

Grund des Besuchs war eine Konferenz namens Student Conference on United States Affairs, kurz SCUSA, die seit 58 Jahren in West Point statt findet. Daran nehmen Studenten von überall in den USA teil, die von ihren Unis ausgewählt wurden dorthin zu gehen. Und um das jeweilige Thema nicht ausschließlich aus dem amerikanischen Blickwinkel zu beleuchten ist eine internationale "Delegation" dazu eingeladen, bei der ich dabei war. Dieses Jahr ging es um "Herausforderungen für die Sicherheit: Extremismus, Ressourcen und Globalisierung".
Es gab eine Podiumsdiskussion mit Experten am ersten Abend, die nächsten zwei Tage haben wir dann in kleineren Gruppen verbracht. Jede Gruppe hatte ihr Unterthema, das sie diskutieren sollte, um einen Artikel darüber zu verfassen und das Thema am letzten Tag dem Plenum vorzustellen. In unserem Fall war das "Globale Soziale Fragen"...was derartig vage ist, dass wir den ersten Tag damit zugebracht haben zu diskutieren, was denn eigentlich genau das Thema ist ;-) Wir haben es dann irgendwann eingegrenzt auf Menschenrechte und haben als Beispiel Menschenhandel herausgepickt...
Die Diskussionen waren soweit auch ganz nett, viel interessanter war aber eigentlich, die vielen unterschiedlichen Leute kennen zu lernen, Studenten mit unterschiedlichsten Hintergründen, die Kadetten, die mit in unseren Gruppen dabei waren und die, bei denen wir gewohnt haben. Besonders die Mitglieder der internationalen Gruppe waren schon spannend. Die wohnen grade alle im Großraum New York, sind aber ursprünglich aus Äthiopien, Niger, Pakistan, Norwegen, Australien, Kanada, Irak, Irland, Frankreich, Schweiz, Russland, Georgien, Kolumbien, den Philippinen, ...
Zum Beispiel war da Haider, ein Iraker mit deutschem Pass, der als "embedded journalist" für die amerikanische ABC News im Irakkrieg dabei war, zweimal angeschossen und einmal gekidnapped wurde, und erst mal einigen der amerikanischen Kadetten den Kopf zurechtgesetzt hat, was ihre Ansichten zu diesem Krieg und den Problemen dort anging. Er hatte auf seinem Laptop Fotos dabei, die er dort geschossen hat, die aber entweder vom Militär zensiert oder von ABC nicht veröffentlicht wurden. Die hat er mir und einigen anderen gezeigt - das ist schon ziemlich verstörend, solche Bilder zu sehen und sich klar zu machen, dass die nicht aus irgendeinem Horrorfilm sind, sondern dass das tatsächlich passiert ist. Unvorstellbar.
Ich hab inzwischen auch einige Soldaten und einen ehemaligen Soldaten, der mit mir studiert, kennen gelernt, die teilweise mehrfach im Irak waren. Dadurch wirkt das Ganze irgendwie realer als vorher, wenn man nur die Bilder im Fernsehen sieht.

Aber zurück zu West Point. Ich hab dort bei zwei weiblichen Kadetten im Zimmer übernachtet, mit denen ich mich auch sehr gut verstanden hab. Die Zimmer der Frauen sind in den selben Kasernen wie die der Männer, so dass sie wirklich in die Kameradschaft einbezogen sind...lustig zu beobachten war aber, dass fast alle Frauen, die ich dort getroffen hab, mit betont tiefer Stimme sprechen - ich vermute, dass das unbewusst ist, dient aber bestimmt dazu, sich mehr Respekt/Autorität zu verschaffen. Es gibt auch sehr - militärisch präzise - Regelungen, auf die man uns auch hingewiesen hat. Zum Beispiel, wenn ein weiblicher und ein männlicher Kadett alleine im Zimmer sind, muss die Türe um 90 Grad offen sein. Außerdem dürfen weibliche und männliche Kadetten nicht gleichzeitig dasselbe Möbelstück (Couch etc) nutzen. Und so weiter ;-)

Und West Point selbst ist wunderschön - siehe Fotos, wie immer rechts als Album! (Wenn man übrigens nicht die Diashow benutzt sieht man auch die Kommentare die ich zu manchen Bildern dazu schreibe... ) Wir haben natürlich auch eine Führung gekriegt, gespickt mit Anekdoten über die verschiedenen Orte...zum Beispiel heißt West Point "West Point", weil der Hudson River, an dem es liegt, dort eine Biegung macht, die den westlichsten Punkt der Flusses darstellt.

Soweit eigentlich noch kein Grund, ausgerechnet dort eine Militärakademie aufzubauen. Aber anscheinend haben im Unabhängigkeitskrieg die (späteren) Amerikaner an dieser engen Stelle eine dicke Kette über den Fluss gespannt, um zu verhindern, dass die britische Armee über den Fluss Verstärkung und Nachschub bekam. Und obwohl die Kette wahrscheinlich nicht gehalten hätte, haben die Briten sich nicht mehr getraut, durchzufahren - was angeblich zum Sieg der Amerikaner gegen die Briten beim Kampf um New York führte. Ich hoff, ich hab das alles richtig in Erinnerung. Ein paar Glieder der Kette sind auf jeden Fall noch zu besichtigen:













Und quasi als Abschluss der ganzen Veranstaltung gab es dann noch ein ziemlich schickes Bankett, die Kadetten in Ausgehuniform, die Studenten in Anzug/Cocktailkleid. Auch mal wieder nett :-)

posted by Melanie at 8:37 PM | |

[ back home ]

Comments for West Point - Nachtrag!


© 2006
Mella and the City | by layoutstudios.com.
No part of the content or the blog may be reproduced without prior written permission.